Bibliophilis 

Dienstag, 13. September 2011

Sara Gruen: Water for Elephants

Water for ElephantsMein Verhältnis zum Zirkus ist gespalten. Ich mag nicht die Umstände, unter denen dort Tiere gehalten werden - selbst Zooanlagen aus dem neunzehnten Jahrhundert scheinen da noch artgerechter zu sein - und die Art, wie massiv einige Zoos in Fußgängerzonen um Geld betteln, immer mit der Mitleidsmasche, dass sonst die Tiere hungern müssen… Wirklich, wenn ich einen Clown mit einem Pony sehe, mache ich einen großen, großen Bogen darum. Auch für die klassische Zirkusromantik bin ich nicht zu gewinnen, zumindest heute nicht mehr - als Kind bin ich zu Karneval begeistert als Seiltänzerin und Dummer August gegangen, und die allererste Geschichte, die ich im Alter von sieben oder acht Jahren zu schreiben begonnen habe, handelte von einem Zirkus, entflohener Löwe inklusive. So sehr mich auch die Schicksale der Freak in den Sideshows interessieren, für die gefeierte Serie Carnivale konnte ich mich nicht begeistern, und die Aussicht, ein Buch zu lesen, das von einem Zirkus zur Zeit der Weltwirtschaftskrise handelt, hätte mich ebensowenig angesprochen. Und doch habe ich mir genau das gekauft, und es gelesen, mit Freude.

Was mich geködert hat, waren die Elefanten. Ich liebe Elefanten. Sicher, ich habe eine ganze Reihe von Lieblingstieren, Goldhamster und Axolotl und Quallen, aber die größte Faszination üben Elefanten auf mich aus - ihre Größe. ihre Intelligenz, ihr Sozialverhalten, und ihre Schicksale. In der Wikipedia, deutsch wie englisch, habe ich jeden einzelnen Artikel der Kategorie ‘Individueller Elefant’ verschlungen. Zoo- und Menagerieelefanten, gequält und bewundert und kaum totzukriegen. Elefanten, die als Mörder hingerichtet oder während einer Belagerung mit Hungersnot geschlachtet und gegessen wurden - Jumbo, Castor und Pollux, Chunee, Topsy, Tuffi, und natürlich Birma und Mapalay, die Elefanten meiner Kindheit. Wenn es um Elefanten geht, würde ich sogar ein Buch über den Zirkus lesen, und da dieses Buch Water for Elephants heißt, habe ich nicht lange gezögert, als ich darüber gestolpert bin, es mir zu kaufen.

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Tags für diesen Artikel: Altersheim, Amerika, Elefanten, Prohibition, Tierarzt, Wirtschaftskrise

Donnerstag, 25. August 2011

Wolfgang Herrndorf: Tschick

TschickMein Vater war Lehrer in der Jugendpsychiatrie - bevor er pensioniert wurde, heißt das. Er hatte eine ganze Reihe verhaltensauffällige Achtklässler, Kinder aus verkorksten Elternhäusern, vernachlässigte Schulschwänzer, das ganze Spektrum jugendlichen Elends. Sicherlich auch Schüler wie Maik oder Tschick. Ich glaube nicht, dass er dieses Buch lesen möchte. Nicht, weil er so froh ist, diese Welt hinter sich gelassen zu haben, als der Schuldienst vorbei war, aber weil er das nicht auch noch mit nach Hause nehmen will. Er war immer bewundernswert gut darin, über den Dingen zu stehen und das nicht an sich heranzulassen, anders als ich, weswegen ich keine Lehrerin geworden bin und das erst recht nicht in der Psychiatrie. Ich nehme mir immer alles furchtbar zu Herzen, und darum hat auch dieses Buch mich stellenweise ziemlich fertiggemacht, obwohl es ein Jugendbuch ist und ich eine lang erwachsene Frau.

Ein Roadmovie sollte es sein, versprach der Klappentext, quer durch die ostdeutsche Provinz, »unvergesslich wie die Flussfahrt von Tom Sawyer und Huck Finn.« Darüber habe ich mich natürlich aufgeregt, ich rege mich immer auf, wenn irgendwo Blödsinn steht, denn natürlich war mitnichten Tom Hucks Reisekamerad auf der Floßfahrt, sondern der Sklave Jim. Zur Ehrenrettung der Büchergilde, bei der ich Tschick erstanden habe, ist das zumindest in der Beschreibung im Onlineshop inzwischen korrigiert. Ich bin also offenbar nicht der einzige, der sich da aufgeregt hat. Trotzdem, da ich Huckleberry Finn sehr gerne mag (und das viel, viel lieber als Tom Sawyers Abenteuer, hat mich doch dieser Vergleich dazu bewogen, das Buch zu kaufen. Normalerweise bin ich nämlich kein Freund von Roadmovies und Bücher für Jungen, die sich zu sehr bemühen, in Alltagssprache geschrieben zu sein. Aber ein tragikomisches Jugendbuch, das auch für Erwachsene toll sein soll - das habe ich mir dann doch nicht entgehen lassen.

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Geschrieben von Buchmensch in Belletristik um 16:48 | Kommentare (2) | Trackbacks (0)
Tags für diesen Artikel: Alkoholismus, Ferienabenteuer, Roadmovie, Schule

Samstag, 6. Juni 2009

Tom McNab: Trans-Amerika

Trans-AmerikaZu sagen, daß ich aus der Form bin, ist sicher falsch - es würde implizieren, daß ich jemals in Form war. Tatsächlich ist alles Sportliche mir seit jeher fremd. Meine Bestzeit für einen Dauerlauf von einem Kilometer liegt irgendwo im Fünf-Minuten-Bereich, und das war vor fünfzehn Jahren - ich komme aus der Puste, ehe ich auch nur die erste Runde gedreht habe, und es war auch noch nie mein Ehrgeiz, gut in Sport zu sein. Ich habe den Preis dafür gezahlt in Form von Mobbing und Prügeln, da will ich jetzt zumindest in Würde unsportlich sein dürfen. Aber man wird weder jünger noch dünner, und daß ich auf der Arbeit nicht ohne Verschnaufpause die Treppen hochkomme, bekümmert mich, also, ich habe beschlossen, etwas für meine Fitness zu tun. Acht Monate Vollzeitarbeit haben ihr Möglichstes getan, mich in einen schlaffen Sack zu verwandeln - jetzt arbeite ich nur noch Halbtags, und der Rest der Zeit soll mir zur körperlichen wie geistigen Ertüchtigung dienen. Das wichtigste dafür habe ich schon geschafft: Ich habe Trans-Amerika von Tom McNab gelesen, die Bibel der Langstreckenläufer, wie mir der Prospekt der Büchergilde versprochen hat.

Knapp 550 Seiten erfordern Fitness und Ausdauer auch als Leser, aber der Autor war nicht nur Leistungssportler und Trainer, sondern auch Motivationscoach: Und so ist es ihm ein Leichtes, den Leser bei der Stange zu halten. Spannend ist das Buch, und obwohl es 1931 spielt und 1982 erstmals veröffentlicht wurde, ist es auch ausgesprochen aktuell: Die trüben Zeiten der Wirtschaftskrise haben uns doch alle irgendwie wieder eingeholt, und was hilft dagegen besser als Durchhalteparolen - ich will nicht sagen »Yes, we can«, aber es liegt mir auf den Lippen: Meistens ist der Satz ja unangebracht, und im Zusammenhang mit einem Dauerlauf von 5.000 Kilometern quer durch die Vereinigen Staaten kann er aus vielen Mündern kommen, aber nicht aus meinem. Aber ja, ich konnte das Buch lesen, und das habe ich getan, in nur knapp drei Tagen. Und das ist zumindest eine Jahesbestzeit.

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Geschrieben von Buchmensch in Belletristik um 22:14 | Kommentare (0) | Trackbacks (0)
Tags für diesen Artikel: Amerika, Motivation, Sport, Weltrekord, Wirtschaftskrise

Freitag, 10. Oktober 2008

A.A. Milne: Four Days Wonder

Four Days WonderSchubladen sind für Verlage etwas tolles, und für Autoren etwas schreckliches. Hat ein Autor mit einem Werk großen oder gar sehr großen Erfolg, wird man ihn kaum noch etwas anderes schreiben lassen. J.K. Rowling zum Beispiel wird man keine naturalistischen Krimis mehr abkaufen und keine historischen Romane, die in der inneren Mongolei spielen und in denen kein bißchen Zauberei vorkommt. Unter einem Pseudonym, vielleicht - aber selbst dann kann sich der Verlag querstellen, denn er weiß nicht, ob er diese Bücher dann verkaufen kann, und überhaupt soll sie keine Zeit mit Experimenten verschwenden, sondern den neuen Harry Potter ranliefern! Wir wissen noch nicht, wie J.K. Rowling auf die Dauer damit umgehen wird. Aber im hier vorliegenden Fall, dem unvergleichlich köstlichen Werk Four Days Wonder, sind sie am Ende alle gescheitert: Der Verlag, der Autor, und das Buch.

Der Autor war kein Unbekannter, ganz im Gegenteil: Alle Welt liebte Alan Alexander Milne als den Verfasser der beiden Bücher um die Abenteuer des Jungen Christopher Robin und seinen Bären Winnie-the-Pooh, sowie zweier Bücher mit Kinderversen. Daß er außerdem verschiedene Romane geschrieben hatte, darunter einen ehemals sehr erfolgreichen Krimi, interessierte Anfang der Dreißiger Jahre niemanden mehr. Pooh war der Hit. Wir wollen mehr Pooh. Aber einer wollte nicht: Der Autor. 70.000 Wörter Kinderbuch waren ihm genug. Christopher Robin, der Sohn, war groß geworden, spielte nicht mehr mit Teddies und wollte nicht mehr mit Versen unterhalten werden, und A.A. Milne wollte wieder schreiben, wonach ihm der Kopf stand, so wie er es schon immer gewollt hatte. Es würde keinen weiteren Pooh geben, basta, und wenn der Verlag sich auf den Kopf stellte - und Milne setze sich durch. Nach Winnie-the-Pooh und The House at Pooh Corner entstanden alle weiteren Abenteuer des Kleinen Bären ausschließlich im Hause Disney. Milne jedoch schrieb ein zum Schreien komisches Buch für die Größeren, Four Days Wonder. Und obwohl ich fast zehn Jahre lang Teddybären gemacht habe und ein entsprechendes Verhältnis zu Pu-dem-Bären habe, ist dieses Buch mir doch von allen Büchern Milnes mit deutlichem Abstand das liebste. Selbst wenn es außer mir heute so gut wie niemand mehr kennt.

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Geschrieben von Buchmensch in Belletristik um 15:17 | Kommentare (0) | Trackbacks (0)

Freitag, 17. August 2007

Garth Stein: Seelendiebe

SeelendiebeEs gibt Bücher, deren Cover den Leser - oder zumindest mich - sofort anspringen. Seelendiebe fällt in diese Kategorie. Denn eigentlich hat es alles, was mich sonst dazu bringt, ein Buch ganz sicher nicht zu lesen: Es geht um Indianer. Ich lese keine Indianerbücher. Nicht, weil ich etwas gegen Indianer hätte. Aber ich mag keine Apatchen auf stolzen Mustangs und keine Traumfänger, und vor allem mag ich keine Indianerfriedhöfe, auch wenn ich sonst ein rechter Friedhofsfan bin. Aber Indianerfriedhöfe - nein, die kommen mir nicht mehr ins Haus. Sie sind so billig…

Wie oft habe ich mich schon über ein eigentlich eigentlich spannendes Schauerbuch geärgert, nur weil die unerklärlichen Phänomene dann auf einen alten Indianerfriedhof zurückzuführen waren? Angefangen mit Friedhof der Kuscheltiere, was ich mit dreizehn Jahren lesen mußte, um die Freundschaft einer Mitschülerin zu gewinnen (und sie war es ebensowenig wert wie das dazugehörige Buch), habe ich da eine Aversion entwickelt. Keine Indianer mehr für mich. Bis ich jetzt plötzlich ein Indianerbuch in Händen halte, über vierhundert Seiten dick und doch gelesen binnen eines Tages. Und alles nur wegen eines Covers, das nicht einmal wirklich gut zum Inhalt paßt, und wegen eines Titels, der dem englischen Original nicht das Wasser reichen kann.

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Geschrieben von Buchmensch in Belletristik um 15:34 | Kommentar (1) | Trackbacks (0)
Tags für diesen Artikel: Alaska, Depressionen, Indianer, Katharsis, Mythologie, Otter, Schuld

Donnerstag, 22. Februar 2007

Anne Fine: Die Steinmenagerie

Die SteinmenagerieEigentlich hätte ich es besser wissen müssen, als nochmal ein Buch von Anne Fine zu versuchen, genauer gesagt: Als nochmal zu versuchen, ein Buch von Anne Fine gut zu finden. Sie ist eine hochgelobt Autorin, bekannt für die Romanvorlage zum Film Mrs. Doubtfire - was ich nicht gelesen habe, da ich den Film selbst schon unerträglich fand - und verschiedene andere Adoleszenzromane, die sich allesamt nicht einigen können, ob sie nun für Kinder oder für Erwachsene geschrieben sind. Als Jugendliche las ich ihr Werk Kuh-Lotto und war über alle Maßen enttäuscht davon. Ähnlich erging es mir nun mit der Steinmenagerie.

Der direkte Vergleich, dem sich dieses Buch stellen mußte, waren Joan Aikens Schattengäste: Beides sind Erwachsenenbücher mit jugendlichem Helden, beide erschienen erstmals 1980, beide wurden in auf Deutsch vom Diogenes-Verlag herausgegeben, der einen sehr guten literarischen Ruf hat und sich den auch etwas kosten läßt. Ebenso schön wie streng aufgemacht und somit eindeutig nicht auf Kinder abzielend, gut übersetzt - und da enden die Parallelen dann leider auch schon. Denn leider ist Die Steinmenagerie, wie ich es nach meinen Erfahrungen hätte erwarten müssen, ein schnarchlangweiliges Stück Zeitverschwendung: Nicht nur für den Leser, sondern eigentlich schon für die Autorin. Sehr böse muß ich sagen: Anne Fine ist die Sally Field der Literatur, und ihr Buch ein verzichtbares Stück Betroffenheitskino.

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Geschrieben von Buchmensch in Belletristik um 17:28 | Kommentare (0) | Trackbacks (0)
Tags für diesen Artikel: Außenseiter, Vegetarier, Wahnsinn

Freitag, 16. Februar 2007

Joan Aiken: Schattengäste

SchattengästeVöllig ungegruselt und noch nicht einmal halb in München legte ich im brenzligen, quietschenden ICE das Haus der Wiederkehr beiseite und bat meine Sitznachbarin um Entschuldigung, um mit schnellem Griff auf Gut Glück das nächste Buch aus meinem Rucksack zu ziehen, ohne ihn auch nur aus dem Gepäcknetz zu wuchten: Der Zug war rammelvoll. Aber was ich dabei erwischte, erfreute mich: Schattengäste von Joan Aiken. Literatur mal zur Abwechslung nach 250 Seiten gepflegter Langweile - nun würde die Großmeisterin des Schauders mir zeigen, wie richtiger Grusel funktioniert!

Aber so gut mir das Buch dann gefiel - gegruselt habe ich mich wieder nicht. Diesmal lag es aber daran, daß The Shadow Guests überhaupt nicht vorhat, ein Schauerroman zu sein. Am Klappentext lag dieser Trugschluß nicht: Das Buch hat gar keinen, sondern beschränkt sich auf eine Kurzbiographie der Autorin. Aber der hinten eingeklebte bibliothekarische Aufmachertext verfehlt den Tenor des Buches um Längen. Von wegen »unheimliche Gestalten aus der Vergangenheit«! Aber es ist zugegeben schwer, diese Geschichte in eine Schublade zu zwängen, die über das Wort Roman hinausgänge. Aber wem es reicht, daß ein Buch wirklich gut ist, dem könnte dieses gefallen.

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Geschrieben von Buchmensch in Belletristik um 17:56 | Kommentare (0) | Trackbacks (0)
Tags für diesen Artikel: Fluch, Internat, Zeitreise
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