
Über das Buch
Who’s Who in Children’s Literature kam ich auf die britische Autorin Rumer Godden - vertreten mit
The Dolls’ House, Geschichte einer Puppenfamilie. Dieses Buch besitze ich zwar nicht, wohl aber ein anderes von Godden, in dem es ebenfalls um Puppen geht - und darum habe ich Anlaß und Grippe genutzt und mich noch einmal über
Das verbotene Haus hergemacht. Es ist wieder eines von diesen Büchern, die mit seit meiner Kindheit begleiten, und damals wie heute hat es einen großen Eindruck auf mich hinterlassen.
Als Kind war ich immer, bestrebt, mich von meiner jüngeren Schwester zu unterscheiden, die wilde, wagemutige. Daß ich im Kindergarten noch mit Puppen gespielt habe, stimmt, allerdings war das mehr das ritualisierte Ankleiden und Zu-Bett-Bringen einer bestimmten Puppe, das ich zusammen mit verschiedenen anderen ritualisierten Aufgaben hinter mich bringen mußte - ein bestimmtes Bild malen, ein bestimmtes Muster stecken - bevor ich mit dem eigentlichen Spielen anfangen konnte. Zuhause fristeten meine Puppen mehr ein Schattendasein - ich mochte sie, weil sie schön waren, doch ich spielte nicht mit ihnen. Vielleicht lag es daran, daß meine Mutter damals Puppen machte - wenn man dem ganzen Herstellungsprozeß beiwohnen kann, ist das eine sehr entmystifizierende Sache, und es wäre mir nicht im Traum eingefallen, eine Puppe für ein lebendes, fühlendes Wesen zu halten. Warum also so tun als ob? Geschichten erleben konnte ich auch in meinem Kopf, dafür brauchte ich keine Puppen, und wenn es darum ging, kleine Leute zu wickeln - dafür hatte ich Geschwister. Ich war kein Puppenkind. Bis ich, vermutlich neun Jahre alt, dieses Buch las. Und nachdem ich auch dem Rest der Familie davon vorgeschärmt hatte, mußten sie dann mit mir und allen Puppen, die in unserem Haus aufzutreiben waren, das japanische Puppenfest veranstalten. Das Puppenfest kann man nur einmal im Jahr feiern, und so schwand mein Interesse an Puppen danach wieder rapide - ich hatte ein Kinderbuch gelesen, nicht mich einer Hirnwäsche unterzogen. Und doch muß es ein bemerkenswertes Buch sein, um ein wildes kleines Mädchen zu einer Puppenliebhaberin zu machen, und sei es nur für eine Woche.