bookmark_borderEmily Lloyd-Jones: The Bone Houses

Manche Bücher springen mich direkt auf den ersten Blick an – und von wegen, man soll ein Buch nicht nach seinem Cover beurteilen: Oft reicht mir das schon aus, um ein Buch haben zu wollen. Ein stilisierter Schädel aus keltischen Mustern, dazu ein Titel, der mich an alte Beinhäuser denken lässt, und da konnte ich dann auch verschmerzen, dass es wieder anstelle eines richtigen Klappentextes vor allem Lobesgesänge gab – The Bone Houses wurde gekauft. Die Prämisse klingt auch wirklich gut: Eine Totengräberin, die sich mit Untoten herumschlagen muss, ist mal ein neuer Ansatz, ich kann mich nicht erinnern, schon mal ein Buch über eine Totengräberin gelesen zu haben.

Das Buch verspricht mir eine Mischung aus Horrorroman und Märchen, vor dem Hintergrund walisischer Mythologie, und ich liebe Wales – es sprach also alles dafür, dass mir dieses Buch gefallen könnte. Und das hat es letztlich auch getan, im Großen und Ganzen. Aber es war kein walisisches Buch, das mir da hinter dem bezaubernden Cover und dem leider furchtbar fingerabdruckanfälligem Schutzumschlag begegnet ist, sondern ein durch und durch amerikanisches. Kein schlechtes Buch. Aber ich hatte mir wirklich so viel mehr davon erhofft.

Ich will nicht sagen, dass ich ein Experte für Wales wäre. Immerhin, ich bin schon dreimal dort gewesen, bin in Snowdonia gewandert, habe die Küste bereist und tolle Städtetouren nach Cardiff gemacht, und ich habe versucht, lange bevor es Duolingo gab, mittels Sprachführer Walisisch zu lernen, und bin nicht weit damit gekommen. Aber ein paar Vokabeln sind hängengeblieben, und so ist mir sofort aufgefallen, dass der Name der Hauptfigur, Aderyn, eigentlich kein Name ist, sondern das walisische Wort für den Vogel.… Weiterlesen “Emily Lloyd-Jones: The Bone Houses”

bookmark_borderR.J. Anderson: Knife

Sagte ich, ich liebe Feen? Ich liebe Feen! Und als ich dieses Buch sah, mit dem schönsten aller Cover, gestaltet vom Meister Brian Froud persönlich, gab es kein Halten mehr. Kleine süße Flatterfeen, die von Blüte zu Blüte schweben mit ihren filigranen Flügeln… In ihrer Vielseitigkeit sind die Feen hier bei ihrer fotogensten Form angekommen. Es gibt sie als Gartenschmuck sogar bei meinen Eltern, als Wandornamente, Windspiele, Gemälde, Titanias Palast im Legoland und natürlich auf den berühmten ‘Cottingley Fairies’-Photofälschungen. Doch auch wenn sie die bekannteste Art der Feen sein mögen, im Roman waren sie bisher unterrepräsentiert, schon weil man als Autor wie Leser Angst haben musste, an einem Zuckerschock zu erliegen. Einzelexemplare, wie Tinkerbell in Peter Pan kann man ja noch ertragen, schon weil Tink ein selbst- und eifersüchtiges Geschöpf von nur sehr geringer Süße ist. Doch süße kleine Feen als Handlungsträger einer ganzen Romanreihe? Kann das gutgehen?

Es kann. So, wie R[ebecca] J. Anderson die Geschichte angegangen ist, muss man keine Angst vor Diabetes haben, und auch nicht vor einer Überdosis Pink oder Glitzer. In diesem Buch sind die Flatterfeen nämlich nicht besonders süß sind. Eher sauer. Und anders als die von mir früher heimlich verehrten Flower Fairys ist das Eichenvolk in Knife gänzlich unverkitscht. Vielleicht war es etwas vorschnell, nur weil ich in einem anderen Bücherblog davon gelesen hatte, gleich alle drei Bände zu kaufen, nur weil mir die Cover so gut gefielen, aber nachdem ich jetzt das erste Buch gelesen habe, bereue ich das überhaupt nicht. Und auf den vierten Band, der nächsten Frühling erscheinen soll, freue ich mich jetzt schon.… Weiterlesen “R.J. Anderson: Knife”

bookmark_borderJohn Harwood: Das Haus der vergessenen Bilder

So eine Bahnreise nach München ist immer ein Grund, vier Bücher innerhalb von wenigen Tagen zu lesen: Zwei auf der Hinfahrt, zwei auf der Rückfahrt. Soweit der Plan, und so war ich diesmal gut eingedeckt mit Literatur. Das Haus der vergessenen Bilder sollte das erste auf der Rückfahrt sein, dann wurde es aber das einzige: Ich hatte seine Dicke unterschätzt. Aber auch seine Spannung.

Wie bei allen Büchern, deren deutscher Titel mit Das Haus der/des … beginnt, muss ich aber auch hier wieder über die Namenswahl meckern: Dieses hier heißt im Original The Ghost Writer, und dieser Titel ist wirklich perfekt gewählt, treffend und vielseitig. Vergessene Bilder passt dagegen nicht so. Zwar spielen Bilder im ganzen Buch eine große Rolle, alle in die Rahmenhandlung eingebauten Geistergeschichten handeln irgendwie von Bildern, und trotzdem: Im Vergleich zum Original ist es nicht das Wahre. Allerdings hätte das Buch mit einem anderen, weniger stereotypen Titel, nicht in mein Mystery-Beuteschema gepasst und wäre nicht so ohne weiteres von mir ausgeliehen worden. Ich war ja wieder auf der Suche nach geheimnisvollen Häusern und nichts nach irgendwelchen Geistergeschichten. So aber kam ich endlich einmal auf meine Kosten, und dazu noch an ein wirklich gutes Buch.

An Stereotypen soll es hier nicht mangeln: Aber ich bin sicher, dass sich zu jedem verfallen-verlassenen Haus ein dunkles Geheimnis auftreiben lässt, denn ohne zwingenden Grund lässt man ein schönes altes Haus mitsamt Bibliothek, Möbeln und Bildern nicht einfach so verwildern. Vielleicht bin ich traumatisiert: Jeden Tag fuhr mich mein Schulbus an ebenso einer alten verlassenen Villa vorbei, und jeden Tag nahm ich mir vor, dort einmal hineinzugehen – Mitschüler, die es getan hatten, berichteten von den alten Möbeln, von Fotoalben, die auf dem Boden herumlagen… Die Chance ist vertan, das Haus wurde inzwischen abgerissen, und heute steht dort ein Supermarkt.… Weiterlesen “John Harwood: Das Haus der vergessenen Bilder”

bookmark_borderM.E. Kerr: Der Mädchenturm

Ein abgelegenes Internat, in dem seltsame Dinge vorgehen. Nachts hallen spitze Schreie durch den verufensten Teil des Gebäudes, den alten Mädchenturm. Lehrer verhalten sich seltsam, und Schüler auch. Wird es Flanders Brown gelingen, das Geheimnis der Charles-Schule zu lüften? … Warum habe ich dieses Buch nie früher gelesen? Mit dieser Inhaltsangabe hat es doch eigentlich alles, was ich liebe und schon immer geliebt habe.

Und man kann nicht sagen, ich hätte zu Der Mädchenturm keine Beziehung gehabt – jede Woche montags, zwei Jahre lang, habe ich die obere Kante des Buchrückens mit der Zeigefingerspitze angestupst und dabei »Ker, Ker« gemurmelt. Es war meine Aufgabe in der Stadtbücherei, den Bereich Jugendbücher in Ordnung zu halten, und dazu gehörte natürlich auch die Kontrolle, dass jedes Buch im Regal an seinem alphabetisch richtigen Platz stand. Ich weiß auch, dass ich dieses Buch ab und an herausgenommen, angeschaut, für langweilig befunden, und wieder weggestellt habe. Warum nur konnte ich es dieses Mal nicht genauso machen? Aber unser Wiedersehen endete mit einer Ausleihe, die ich noch bereuen sollte. Denn Der Mädchenturm von M.E. Kerr ist vor allem eines: Todlangweilig.

M.E. Kerr, das bekannteste Pseudonym der Autorin Marijane Meaker, gehört zu den wichtigsten Autoren zeitgenössischer amerikanischer Jugendliteratur, seit sie 1972 ihr erstes Buch veröffentlichte, und schreibt bis heute. Ob ihre Bücher auch von echten Jugendlichen gelesen werden oder in die Kategorie »Die Ewige Schullektüre« fallen (so wie in Deutschland Peter Härtling), ist schwer zu sagen – ich habe immer zu den Kindern gehört, die diese Bücher trotzdem lasen.… Weiterlesen “M.E. Kerr: Der Mädchenturm”