bookmark_borderKiersten White: Menacing Manor

Auf dieses Buch hätte ich beinahe ein halbes Jahr warten müssen. Das zumindest war die Meldung des großen Online-Buchhändlers, bei dem ich das »sofort lieferbare« Buch im März bestellt hatte: Das einzige noch verfügbare Exemplar wurde beim Transport beschädigt, ging zurück, und eine Neulieferung wurde angesetzt – terminiert zwischen Juni und September. Ich schimpfte, ich fluchte, doch ich hatte nicht die Energie, mich dahinterzuklemmen und die Bestellung zu stornieren, und so stellte ich mich auf eine lange Wartezeit ein, bis ich Kiersten Whites Sinister Summer-Reihe würde weiterlesen können. Drei Bände hatte ich regelrecht verschlungen – auf den vierten freute ich mich besonders, strahlte der doch klassische Spukhaus-Vibes aus und hieß auch schön verheißend Menacing Manor.

Und ich hatte Glück: Gute zwei Monate vor dem frühsten anvisierten Nachlieferungstermin kam das Buch bei mir an und wurde, wie schon seine Vorgänger, eingeatmet. Aber nicht alle Bücher in einer Reihe können gleich gut sein. Es ist immer der eine Band darunter, der einem dann nicht ganz so gut gefällt wie die anderen, und ich muss sagen, dass für mich Menacing Manor doch ein bisschen hinter den anderen Teilen zurückbleibt, vor allem als Nachfolger des brillanten Camp Creepy, das mir doch wirklich sehr gut gefallen hatte. Ich nehme es nicht persönlich und freue mich auch schon auf den fünften und letzten Band der Reihe: Der liegt schon hier bereit, und ich freue mich darauf, ihn zu lesen. Und es ist nicht so, als ob Menacing Manor kein gutes Buch geworden wäre – es ist einfach nur nicht der beste Teil der Serie.… Weiterlesen “Kiersten White: Menacing Manor”

bookmark_borderV.E. Schwab: Gallant

Es gibt verschiedene Arten, neue Autor:innen zu entdecken. Manchmal stößt man auf ein Buch, ist begeistert, schaut, was diese Person sonst noch so geschrieben hat, und kauft den Buchhandel leer. So ist mir das dieses Jahr mit Kiersten White gegangen, nachdem ich Hide gelesen hatte. Ich habe jetzt vier Bücher von ihr gelesen, weitere auf meiner Wunschliste stehen, und bis jetzt hat sie mich nicht enttäuscht. Mit anderen Autor:innen ist das anders. Da lese ich ein Buch, und es kann mich nicht völlig überzeugen, lässt mich enttäuscht oder gleichgültig zurück. Das heißt, ich stürme nicht gleich in die Buchhandlung, um mir das Gesamtwerk anzuschaffen – es muss aber auch nicht heißen, dass ich fortan Bögen um diesen Namen mache.

Jeder kann mal ein Buch schreiben, das nicht ganz so toll ist wie die anderen, und ich will niemanden pauschal verdammen, nur weil er oder sie mich nicht zu hundert Prozent abholen konnte. Es sieht anders aus, wenn ich ein Buch wirklich schlecht geschrieben finde, wenn es mich ärgert mit sexistischen Tendenzen, Homophobie oder Stigmatisierung psychischer Erkrankungen – bei so etwas ist mir dann klar, wir passen nicht zusammen. Aber wenn es einfach nur um mangelnde Begeisterung geht – da gebe ich doch gerne eine zweite Chance. So ist mir das jetzt mit V[ictoria] E[lizabeth] Schwab gegangen. Ihr Jugendbuch City of Ghosts hat mich ziemlich kalt gelassen und mich nicht gegruselt – aber um Gallant, das sie vier Jahre später veröffentlicht hat, bin ich einfach nicht herumgekommen. Und ihr diese zweite Chance zu geben, habe ich wirklich nicht bereut.… Weiterlesen “V.E. Schwab: Gallant”

bookmark_borderAllen Houston: Nightfall Gardens

Sagte ich in meiner Rezension zu Fürimmerhaus »Ein Haus kommt selten allein»? Hier kommt auch schon das nächste: ein durchaus spannender  Abenteuerroman für Kinder, in dem das gruselige, tagstäglich seine Form verändernde Haus in Sachen Spukfaktor nur hinter seinen drei Gärten zurücktreten muss. Nightfall Gardens von Allen Houston kommt als der Auftakt einer Trilogie daher – tatsächlich ist es aber nur ein Buch, das der selbstpublizierende Autor in drei Teilen veröffentlicht hat. So endet es nicht mit einem geschlossenen Handlungsbogen, auch nicht mit einem Cliffhänger, es hört einfach auf, und das ist ziemlich antiklimaktisch für ein ansonsten spannend geschriebenes Buch.

Die Geschwister Lily und Silas Blackwood tingeln mit ihren Eltern und einem Repertoire grottiger selbstgeschriebener Theaterstücke über die Provinzbühnen, immer auf der Flucht vor der Vergangenheit ihrer Familie, die sie in Form ihres Onkels dann natürlich trotzdem einholt. Dieser Jonquil besteht darauf, dass die Familie, zumindest aber Lily, auf den Stammsitz der Blackwoods zurückkehren, denn die Großmutter, die letzte Herrin von Nightfall Gardens, liegt im Sterben, und wenn ihr nicht eine weibliche Nachfahre nachfolgt, wird das Böse über die Welt hereinbrechen. Und weil das als Argument offenbar nicht ausreicht, kidnappt der Onkel prompt die Nichte, der Bruder reist als blinder Passagier mit, und so werden Lily und Silas, nicht ohne einen blutigen Zusammenstoß mit gewalttätigen Ziegenmenschen, die aus dem hauseigenen Labyrinth ausgekommen sind, nach Nightfall Gardens gebracht.

Dort trennen sich die Wege der ungleichen Geschwister dann auch schon wieder. Lily kommt ins Haus, um von ihrer sterbenden Großmutter noch im Schnellverfahren zu lernen, was es über den Widerstand gegen die großen Übel zu wissen gibt, während Silas dem Gärtner unterstellt wird und mit den hauseigenen Nebelreitern, deren Anführer Jonquil ist, im Nebengebäude untergebracht wird.… Weiterlesen “Allen Houston: Nightfall Gardens”

bookmark_borderDouglas Clegg: Isis

Für schön gemachte illustrierte Bücher hatte ich schon immer etwas übrig, und als ich im auf einer Webseite eine Illustration aus Isis sah, war ich so sehr davon angetan, dass ich mir gleich das ganze Buch dazu bestellt habe, ohne auch nur irgendetwas über den Inhalt zu wissen. Was dann kam, war ein schlankes Büchlein, Hardcover mit Schutzumschlag, »A Tale of the Supernatural«, und mit knapp über hundert Seiten war es dann auch schnell gelesen – nur um mich danach etwas ratlos stehen zu lassen, denn am Ende war an dem Buch zu wenig dran, um es vernünftig rezensieren zu können. Auf die Länge allein kann ich das nicht schieben, es gibt Novellen, die einem das Hirn wegblasen und über die man mehr Wörter verlieren kann, als in dem Buch selbst drinstehen. Aber die Geschichte von Iris, die zu Isis wird, in die Unterwelt hinabsteigt, um ihren Bruder von den Toten zu erwecken, und die am Ende mit einem unglücklichen Zombie dasteht, ist erstaunlich karg. Selten habe ich von einem Buch so wenig für mich mitnehmen können wie von diesem, und was am Ende bleibt, ist ein Reigen hübscher Illustrationen, die über die dünne Story nicht hinwegtäuschen mögen.

Dabei scheint das Buch auf den ersten Blick alles richtig zu machen. Das Setting ist ein geheimnisvolles Haus in anheimelnder Klippenlage in Cornwall, mit stehenden Steinen, versteinerten Maiden und einer Höhle, die man besser nicht betritt, in Reichweite. Der Gärtner murmelt düstere Weissagungen, die Toten werden erwachen, und eine vielversprechende Gruselgeschichte nimmt ihren Anfang.… Weiterlesen “Douglas Clegg: Isis”

bookmark_borderJohn Stephens: The Emerald Atlas

Dieses Buch kam ungeplant: Bei der Rückreise von einer Convention in New Jersey kamen wir früh – viel zu früh – am Flughafen Newark an, und erst nach dem Einckecken unseres Gepäcks ging mir auf, dass ich damit auch alle meine Bücher aufgegeben hatte, im Handgepäck war nur mein Laptop und das Schreibzeug. Doch jeder gutsortierte Flughafen hat eine Buchhandlung, die auf begrenztem, teuer bezahltem Raum zumindest die aktuellen Bestseller vorrätig hat. Eigentlich suchte ich nach einem handlichen Taschenbuch, aber statt dessen sprach mich ein hübscher Hardcover-Band an, mit smaragdgrünem Schutzumschlag und dem ansprechenden Titel The Emerald Atlas. Dazu klang der Klappentext nett, und überteuert erschien das Buch auch nicht: Also, es wurde gekauft, und da wir die nächsten drei Stunden mit multiplen Tassen Kaffeespezialitäten in einem Starbucks verbrachten, hatte ich auch schon das halbe Buch durch, bevor ich auch nur im Flugzeug saß. Und dabei blieb es erstmal. Ich kann im Flieger weder lesen noch schreiben.

Und nach der Rückkehr dauerte es eine Weile, bis ich wieder in das Buch hineinkam. Was mich in Newark noch mehr oder weniger begeistert hatte, wurde bald zu erst einem zähen und dann zu einem ärgerlichen Stück Jugendliteratur. Erst einmal stellte sich der Klappentext jenseits des Jetlags als doch ziemlich konventionell heraus: Drei Kinder verlieren auf mysteriöse Weise ihre Eltern, werden von Waisenhaus zu Waisenhaus gereicht, landen am Ende in einem unheimlichen Herrenhaus und werden in ein phantastisches Abenteuer verwickelt, das darauf hinausläuft, dass sie die Welt retten müssen. Das wäre jetzt per se nicht so schlimm, wenn das Buch dafür gutgeschrieben wäre oder zumindest gut geplottet, aber an letzterem scheitert The Emerald Atlas dann.… Weiterlesen “John Stephens: The Emerald Atlas”

bookmark_borderCarlos Ruiz Zafón: Der dunkle Wächter

Lange wusste ich nicht, wie und wo ich dieses Buch einsortieren sollte. Zafón schreibt Phantastik, wird aber allüberall unter ‘Literatur’ geführt – was für mich kein Widerspruch ist, aber schon von der Aufmachung des Buches her, sowohl in der regulären Ausgabe als auch in der Büchergilden-Ausgabe, die ich besitze und die, für die Büchergilde untypisch, keinen Schönheitspreis gewinnt, sieht das nicht nach Fantasy aus. Es geht um ein geheimnisvolles Haus, um mechanische Puppen, und damit hat es eigentlich alles, was ich liebe: Wenn es dann auch noch literarisch anspruchsvolle Fantasy ist, müsste ich eigentlich restlos begeistert sein. Und doch, als ich endlich am Ende des dicken, aber großgedruckten Buches angekommen war, wollte sich weniger Begeisterung einstellen als mehr ein generell schaler Geschmack.

Nachdem es mehr als ein Jahr ungelesen im Regal gestanden habe, ging das eigentliche Lesen dann sehr schnell, auf der Rückfahrt von München. Die Geschichte einer Witwe mit zwei Kindern, die Arbeit findet im Haus eines geheimnisvollen, zurückgezogen lebenden ehemaligen Spielzeugfabrikanten, in dessen Haus es vor Automatoi nur so wimmelt und in dem ein Flügel niemals betreten werden kann, benutzt die klassischen Mystery-Motive, mit denen ich auch gerne spiele. Die Rolle der jungen Unschuld wird hier von der halbwüchsigen Tochter übernommen, für die auch gleich ein kerniger Bursche in Gestalt des schweigsamen Fischers bereitsteht, und als dann das Dienstmädchen eines ebenso tragischen wie geheimnisvollen Todes stirbt und ein altes Tagebuch auftaucht, kommt ein altes Übel aus der Vergangenheit wieder ans Tageslicht… Blah. Der Plot bietet nichts, was das Buch aus dem üblichen Horrorhaus-Einheitsbrei hervorheben würde, und der literarische Ruhm des Buches erscheint mir wie unbegründete Vorschusslorbeeren.… Weiterlesen “Carlos Ruiz Zafón: Der dunkle Wächter”

bookmark_borderChris Priestley: Uncle Montague’s Tales of Terror

Ich lese keine Kurzgeschichten, noch nicht einmal kurze Geschichten. Wenn ein Plot nicht langsam und sorgfältig aufgebaut wird, die Figuren keinen Platz für Entwicklung haben, kann ich mich auch nicht dafür begeistern. Zwei Ausnahmen gibt es aber: Das eine sind bissige Satiren von Roald Dahl, Hermann Harry Schmitz oder Jaroslav Hašek, das andere sind Gruselgeschichten. Beides fand ich in meiner Jugend in ausreichender Menge auf unserem Gästeklo – ich glaube, meine Eltern sind die einzigen, die ein Bücherregal mit fünf oder sechs Brettern über der Toilette installiert haben, und da ich dafür berüchtigt war, alles zu lesen, was mir in die Hände fiel, standen die Gruselgeschichten ganz, ganz oben, dass ich auf der Kloschüssel und Zehenspitzen stehen musste, um sie zu erreichen, was mich aber nicht davon abgehalten hat, eine langjähriges Liebe zu allem Gruseligen zu entwickeln.

Ich unterscheide zwischen Grusel und Horror. In Horrorgeschichten verfolgen uns lebende Leichen mit heraushängendem Gedärm, und ich habe nur ein müdes Gähnen für sie übrig. Aber mit guten Gruselgeschichten fresse ich vor Angst meine Fingerkuppen und traue mich nachts nur dann ins Badezimmer, wenn auch wirklich alle Lampen auf dem Weg dorthin brennen – sie gewinnen ihren Schrecken dadurch, dass meistens eigentlich gar nichts passiert, man aber jeden Moment damit rechnen muss. Und deswegen ist das mit Gruselgeschichten für Kinder so eine Sache. Es gibt sie nicht. Kindgerechter Horror ist, wenn die Zombies nebenbei noch lustig sind. Aber vermeintlich kindgerechter Grusel verursacht die gleichen Alpträume, das gleiche Entsetzen wie bei Erwachsenen. Angst ist Angst, und eine Gruselgeschichte, die keine Angst machen will, ist keine Gruselgeschichte.… Weiterlesen “Chris Priestley: Uncle Montague’s Tales of Terror”