bookmark_borderStephanie Garber: Caraval

Es gibt Bücher, da klingt der Klappentext, als wären sie direkt für mich geschrieben worden – und wenn ich sie dann lese, sind sie so überhaupt nicht meines. So ein Fall war Stephanie Garbers Caraval. Das hatte ich mir schon 2017 gekauft, als es brandneu am Markt war, und mich auch sofort an die Lektüre gemacht, obwohl ich in der Zeit praktisch nichts gelesen habe – und so schnell, wie ich die Lektüre begonnen hatte, habe ich sie auch schon wieder beendet. Ich fand das Buch einfach sprachlich schlecht, die Figuren waren mir unsympathisch, und so gern ich mich auch in die Geschichte verliebt hätte, hat sie mich regelrecht abgestoßen. Ich war enttäuscht, das Buch wanderte ins Regal zurück – aber weil 2024 das Jahr ist, in dem ich wieder lese und allem eine Chance gebe, habe ich mir auch Caraval noch einmal vorgenommen, und sei es, um es am Ende beherzt verreißen zu können. Aber jetzt, wo ich mit dem Buch durch bin, kann ich sagen, ganz so schlecht wie befürchtet fand ich es dann doch nicht.

Das Buch versprach mir ein Spiel um Leben und Tod, eine Schatzsuche auf einer Insel, die eine Mischung ist aus Kirmes und Zirkus, und das klang erstmal wie etwas, das mir wirklich gut gefallen sollte. Ich liebe ja alles, was mit Jahrmärkten, Freizeitparks, Spielshows und dergleichen zu tun hat, und so hoffte ich, hier auch auf meine Kosten zu kommen. Aber bevor wir da auch nur ankommen, gibt es ein großes Hindernis zu überwinden: Und damit meine ich nicht die Aussicht, dass Gouverneur Dragna seine beiden Töchter zu Tode prügelt, wenn sie versuchen, der heimatlichen Insel zu entkommen, sondern dass eben nicht nur Vater Dragna ein Unsympath sondergleichen ist, sondern alle anderen handelnden Figuren irgendwie auch, Protagonist:innen eingeschlossen.… Weiterlesen “Stephanie Garber: Caraval”

bookmark_borderJennifer Chambliss Bertman: Mr. Griswolds Bücherjagd – Das Spiel beginnt

Zu den Dingen, die ich für alle Zeit bereuen werde, gehört, dass ich keine Drei Fragezeichen-Autorin geworden bin. Ich war in meiner Kindheit ein großer Fan der Serie, und 2005 hatte ich die Chance meines Lebens, als eine befreundete Autorin aus dem Drei Fragezeichen-Team mir den Kontakt zur Redakteurin herstellte. Ich verfasste ein Exposé und drei Probekapitel für meinen ersten Fall, telefonierte mit der Redakteurin und hatte das Ganze fast in trockenen Tüchern, als ich – damals noch Vollzeit-Berufstätig – eine neue Stelle als Buchhändlerin bekam und eine Rückzieher machte, weil ich mir nicht zutraute, neben der Arbeit noch innerhalb von drei Monaten ein Romanmanuskript von 128 Seiten abzuliefern. Die Stelle verlor ich in der Probezeit, aber die Fragezeichen-Chance war vertan – und ich beiße mich immer noch in den Hintern deswegen.

In diesem Buch, das nie über die drei Leseprobe hinausgekommen ist, verfolgen die Drei Fragezeichen eine Spur, die ihren Anfang mit einer verschlüsselten Botschaft in einem Büchereibuch den Anfang nimmt. Ein anderer Fall, den ich schreiben wollte, drehte sich um eine neu aufgetauchte Poe-Handschrift, die aus einem verschlossenen Raum verschwindet. Und überhaupt hatte ich meinen bibliophilen Tendenzen und meinem Insiderwissen aus Buch- und Verlagswesen in meinen Plänen etwas zu großen Anteil eingeräumt, weswegen die Redakteurin am Telefon auch schon meinte, das müsse deutlich reduziert werden, damit es für die lesenden Kinder noch interessant bleibt. Und das, obwohl Bob in der Bibliothek jobt und ich, aus dem Bibliothekswesen kommend, da endlich wohlrecherchierten Realismus reinbringen konnte!

Hätte ich diese beiden Bücher wirklich geschrieben und veröffentlicht, ich hätte jetzt Jennifer Chambliss Bertman vorwerfen müssen, mir meine Ideen geklaut zu haben, so sehr hat mich Mr.Weiterlesen “Jennifer Chambliss Bertman: Mr. Griswolds Bücherjagd – Das Spiel beginnt”

bookmark_borderPhoebe Atwood Taylor: Beginning with a Bash

Als ich kürzlich The Maltese Falcon nach all den Jahren nochmal gelesen habe, hat das meine Lust am klassischen amerikanischen Kriminalroman wiedergeweckt, und ich hatte vor, als nächstes ein Wiedersehen mit Raymond Chandlers Philip Marlowe zu feiern. Stattdessen ist es jetzt ein Ermittler geworden, der mit seinen hartgesottenen Kollegen nichts als die Zeit gemeinsam hat, in der seine Romane entstanden sind. Dafür ist Leonidas Witherall, pensionierter Lehrer und Shakespeare-Doppelgänger, aber einer meiner Favoriten, vor allem sein zweiter Fall, The Cut Direct, war in den frühen Neunzigern eines meiner absoluten Lieblingsbücher. Weil ich aber Serien in chronologischer Abfolge lesen will, habe ich jetzt mit dem ersten Band der Reihe, Beginning with a Bash, angefangen. Und was soll ich sagen? Vielleicht hätte ich das Buch besser übersprungen und direkt mit The Cut Direct angefangen, in der Hoffnung, dass mir das Buch noch genauso gut gefällt wie 1992.

Auch für amerikanische Leser:innen Taylors begann die Witherall-Reihe bis in die Siebzigerjahre hinein mit dem zweiten Teil. Der erste Band, veröffentlicht 1933 im Mystery League Magazine, sollte nach Ansicht von Taylors amerikanischem Verleger nicht neu aufgelegt werden – auch wenn die Autorin, die gerade mit ihrer Asey Mayo-Reihe große Erfolge feierte, das Geld gut hätte brauchen können – um zu verhindern, dass der Markt eine Taylor-Übersättigung erlebt. Und ein geschlossenes Pseudonym schied für den amerikanischen Markt aus urheberrechtlichen Gründen aus, da die Magazin-Veröffentlichung unter Taylors richtigem Namen erschienen war. So kam das Buch dann 1937 im Vereinigen Königreich heraus, unter dem Pseudonym Alice Tilton.… Weiterlesen “Phoebe Atwood Taylor: Beginning with a Bash”

bookmark_borderCécile Aubry: Silberschweif und das Geheimnis der sieben Sterne

Manchmal, wenn man selbst das mittlere Alter erreicht hat, bekommt man Lust, Bücher aus seiner Kindheit nochmal zu lesen – nicht die absoluten Lieblingsbücher, die einen das ganze Leben lang begleitet haben, sondern eher obskure Schätzchen, denen man zu einem ganz bestimmten Zeitpunkt einmal begegnet ist. Und so kam mir plötzlich wieder Silberschweif und das Geheimnis der sieben Sterne in die Hände, und obwohl ich eigentlich gerade ein anderes Buch lese – seit über einer Woche arbeite ich mich durch das wuchtige Buch The Book that wouldn’t burn, und ich werde auch wohl noch eine weitere Woche brauchen, bis ich da durch bin – bekam ich plötzlich, von Sentimentalität übermannt, Lust, es noch einmal zu lesen.

Als ich knapp zehn Jahre alt war, fuhr ich nach Borkum in Kur. Sechs Wochen Seeluft in der Hoffnung, dass sich meine kaputte Haut dann bessern würde, und ein einschneidendes Erlebnis für mich. Nicht alles war so schrecklich, wie man heute meinen sollte, vor allem die Kameradschaft unter den Kurkindern war gut, und für mich, die ich in meiner Klasse zuhause stark gemobbt wurde, war es eine Wohltat, endlich einmal unter anderen zu sein, denen es so ging wie mir. Aber ich hatte nur zwei Bücher mitnehmen dürfen, und zwei Bücher für sechs Wochen, das ist echt nichts. Also tauschten wir untereinander. Meine schlaue Freundin Kerstin hatte Die Unendliche Geschichte mitgebracht, ein Buch, an dem man sich lange festhalten konnte – und als ich die durchhatte und, das muss ich heute zugeben, die Hälfte nicht verstanden, lieh ich mir von einem anderen Mädchen auf unserem Zimmer Silberschweif und das Geheimnis der sieben Sterne aus.… Weiterlesen “Cécile Aubry: Silberschweif und das Geheimnis der sieben Sterne”