bookmark_borderVictoria Schwab: City of Ghosts

Zu den Geschichten, von denen ich gar nicht genug bekommen kann, gehören Geistergeschichten. Ich mag keinen blutrünstigen Horror, keine Monster, Seen von Blut oder heraushängendes Gedärm, aber mit einer netten, ruhigen Geistergeschichte bekommt man mich immer. Ich neige dazu, mich wirklich schnell zu gruseln, und dabei macht es keinen Unterschied, ob eine Geschichte für Kinder oder Erwachsene geschrieben wurde – tatsächlich stammen die Gruselgeschichten, die mich im Leben am meisten erschreckt haben, aus Kinderbüchern. Insofern hatte ich auch keine Bedenken, dass sich Victoria Schwabs City of Ghosts an Jugendliche richtet. Geister sind Geister, und zumindest ein bisschen würde ich mich schon gruseln … Aber auch wenn das Buch dann nicht unspannend war: Gegruselt habe ich mich an keiner Stelle davon. Und das ist enttäuschend.

Die Prämisse klingt da noch spannend: Seitdem Cassidy beinahe (oder mehr als nur beinahe) gestorben ist, kann sie Geister sehen und den Schleier durchqueren, der die Welt der Lebenden vom Jenseits oder zumindest von einer geisterhaften Zwischenwelt trennt. Dementsprechend ist Cass‘ bester Freund selbst ein Geist, an sie gebunden, seit er ihr bei ihrer Mehr-als-Nahtod-Erfahrung das Leben gerettet hat. Niemand außer ihr kann Jacob sehen, und auch wenn ihre Eltern glauben, dass die ungefähr zwölfjährige Tochter einen unsichtbaren Freund hat, ahnen sie nichts von Cassidys Fähigkeiten – dabei müssten sie es eigentlich besser wissen.

In der Past Midnight-Reihe von Mara Purnhagen, deren erste Bände ich vor Jahren auf diesem Blog rezensiert habe, hat die junge Protagonistin Eltern, die als Geisterjäger bzw. Spuk-Debunker arbeiten, und das gleiche gilt auch für die Heldin dieses Buches.… Weiterlesen “Victoria Schwab: City of Ghosts”

bookmark_borderAllen Houston: Nightfall Gardens

Sagte ich in meiner Rezension zu Fürimmerhaus »Ein Haus kommt selten allein»? Hier kommt auch schon das nächste: ein durchaus spannender  Abenteuerroman für Kinder, in dem das gruselige, tagstäglich seine Form verändernde Haus in Sachen Spukfaktor nur hinter seinen drei Gärten zurücktreten muss. Nightfall Gardens von Allen Houston kommt als der Auftakt einer Trilogie daher – tatsächlich ist es aber nur ein Buch, das der selbstpublizierende Autor in drei Teilen veröffentlicht hat. So endet es nicht mit einem geschlossenen Handlungsbogen, auch nicht mit einem Cliffhänger, es hört einfach auf, und das ist ziemlich antiklimaktisch für ein ansonsten spannend geschriebenes Buch.

Die Geschwister Lily und Silas Blackwood tingeln mit ihren Eltern und einem Repertoire grottiger selbstgeschriebener Theaterstücke über die Provinzbühnen, immer auf der Flucht vor der Vergangenheit ihrer Familie, die sie in Form ihres Onkels dann natürlich trotzdem einholt. Dieser Jonquil besteht darauf, dass die Familie, zumindest aber Lily, auf den Stammsitz der Blackwoods zurückkehren, denn die Großmutter, die letzte Herrin von Nightfall Gardens, liegt im Sterben, und wenn ihr nicht eine weibliche Nachfahre nachfolgt, wird das Böse über die Welt hereinbrechen. Und weil das als Argument offenbar nicht ausreicht, kidnappt der Onkel prompt die Nichte, der Bruder reist als blinder Passagier mit, und so werden Lily und Silas, nicht ohne einen blutigen Zusammenstoß mit gewalttätigen Ziegenmenschen, die aus dem hauseigenen Labyrinth ausgekommen sind, nach Nightfall Gardens gebracht.

Dort trennen sich die Wege der ungleichen Geschwister dann auch schon wieder. Lily kommt ins Haus, um von ihrer sterbenden Großmutter noch im Schnellverfahren zu lernen, was es über den Widerstand gegen die großen Übel zu wissen gibt, während Silas dem Gärtner unterstellt wird und mit den hauseigenen Nebelreitern, deren Anführer Jonquil ist, im Nebengebäude untergebracht wird.… Weiterlesen “Allen Houston: Nightfall Gardens”

bookmark_borderKiersten White: Hide

Wenn es ein Motiv gibt, auf das ich sofort anspringe, sind das verlassene Vergnügungsparks. Ich liebe sie in Computerspielen wie The Park, ich schaue immer wieder gern Fotogalerien aus dem Berliner Spreepark an und bedauere sehr, dass ich da nie an einer Führung teilgenommen habe (aber Berlin ist einfach weit weg von mir), und ich folge Youtube-Kanälen, die Urban Exploring in den Überresten lang vergangener Parks machen. Woher dieses Interesse kommt, kann ich nicht mal sagen – ich war im Leben dreimal im Phantasialand, und das war es dann auch schon an Freizeitparkbesuchen – aber ich liebe diese Mischung aus Vergnügen, Schauder und der Natur, die sich die Welt zurückerobert. Nur im Roman bin ich diesem Thema noch nicht begegnet, aber als ich in der Buchhandlung über das Buch Amazement Park gestolpert bin und gesehen habe, dass es in genau so einem verlassenen Park spielt, war mir klar, ich will das lesen.

Im englischen Original heißt das Buch einfach nur Hide, und ich muss zugeben, mit dem Titel hätte ich nicht so schnell zugegriffen wie bei dem deutschen, aber ich habe mir dann doch die englischsprachige Ausgabe bestellt, weil ich Bücher doch nach Möglichkeit in Originalsprache kaufe, und als es dann kam, habe ich, obwohl ich eigentlich schon ein anderes Buch angefangen hatte, sofort zu lesen angefangen. Und weil das Buch dann wirklich über alle Maßen spannend war, habe ich es innerhalb von drei Tagen ausgelesen. Beinahe wären es sogar nur zwei Tage geworden – Hide ist stellenweise so gruselig, dass ich es nicht aus der Hand legen wollte, aber gerade im hinteren Viertel hat es sich dann ausgegruselt, und so konnte ich gestern Abend dann doch noch andere Sachen tun, als nur zu lesen.… Weiterlesen “Kiersten White: Hide”

bookmark_borderMara Purnhagen: One Hundred Candles

Gerade weil mir der erste Band von Mara Purnhagens Geisterjägerreihe, Past Midnight, wirklich gut gefallen hatte und ich nach der letzten Enttäuschung wieder etwas echtes Grusel brauchte, hatte ich es eilig, nun auch das zweite Buch um Charlotte Silver und ihre geisterwiderlegenden Eltern zu lesen. Zweite Bände haben es ja immer besonders schwer, das weiß ich auch als Autorin: Sie müssen den Geist des ersten spüren lassen, den vertrauten Figuren neue Aspekte abgewinnen und eine Handlung haben, die nicht nur ein Abklatsch des ersten Teils ist, sondern neu und eigenständig und am besten nochmal viel besser als Band eins sein, damit man dann erst recht bereit ist, noch ein drittes, viertes, fünftes Buch zu lesen. Das gilt für Krimireihen um Seriendetektive ebenso wie für Geisterjäger, und da ich selbst gerade an einer Geisterjäger-Serie arbeite, war ich um so neugieriger zu sehen, wie das hier umgesetzt wurde. Man kann eine Reihe wirklich so fortführen, dass die Leser sehnsüchtig auf das nächste Abenteuer warten. Aber leider kann man auch völlig ins Klo greifen und sein Konzept vor der Zeit abschlachten. One Hundred Candles, interessanterweise, tut beides.

Gut an diesem Buch ist die Art, wie die Handlung fortgeführt wird, und der neue Geisterplot ist erfrischend anders als das, was im ersten Buch passiert ist. Gruselig, mit ein paar falschen Fährten und Dingen, die nicht so sind, wie sie scheinen, auch wenn ich das Ganze schnell durchschaut habe. Aber krankte Past Midnight schon an einem überhasteten Schluss, ist hier das Ende geeignet, die ganze Reihe zu ruinieren, und auch wenn ich den dritten Band noch nicht gelesen habe, kann ich mir nicht mehr vorstellen, dass danach noch weitere Bücher kommen können.… Weiterlesen “Mara Purnhagen: One Hundred Candles”

bookmark_borderDouglas Clegg: Isis

Für schön gemachte illustrierte Bücher hatte ich schon immer etwas übrig, und als ich im auf einer Webseite eine Illustration aus Isis sah, war ich so sehr davon angetan, dass ich mir gleich das ganze Buch dazu bestellt habe, ohne auch nur irgendetwas über den Inhalt zu wissen. Was dann kam, war ein schlankes Büchlein, Hardcover mit Schutzumschlag, »A Tale of the Supernatural«, und mit knapp über hundert Seiten war es dann auch schnell gelesen – nur um mich danach etwas ratlos stehen zu lassen, denn am Ende war an dem Buch zu wenig dran, um es vernünftig rezensieren zu können. Auf die Länge allein kann ich das nicht schieben, es gibt Novellen, die einem das Hirn wegblasen und über die man mehr Wörter verlieren kann, als in dem Buch selbst drinstehen. Aber die Geschichte von Iris, die zu Isis wird, in die Unterwelt hinabsteigt, um ihren Bruder von den Toten zu erwecken, und die am Ende mit einem unglücklichen Zombie dasteht, ist erstaunlich karg. Selten habe ich von einem Buch so wenig für mich mitnehmen können wie von diesem, und was am Ende bleibt, ist ein Reigen hübscher Illustrationen, die über die dünne Story nicht hinwegtäuschen mögen.

Dabei scheint das Buch auf den ersten Blick alles richtig zu machen. Das Setting ist ein geheimnisvolles Haus in anheimelnder Klippenlage in Cornwall, mit stehenden Steinen, versteinerten Maiden und einer Höhle, die man besser nicht betritt, in Reichweite. Der Gärtner murmelt düstere Weissagungen, die Toten werden erwachen, und eine vielversprechende Gruselgeschichte nimmt ihren Anfang.… Weiterlesen “Douglas Clegg: Isis”

bookmark_borderMara Purnhagen: Past Midnight

Geister und Feen, Geister und Feen … Ich höre mich ja schon an wie eine kaputte Schallplatte. Aber nachdem ich den Vampirtrend geflissentlich ignoriert habe und um den eher verhalten verschallten Engeltrend einen frustrierten Bogen gemacht habe, tut mir der Buchmarkt jetzt den Gefallen und bringt ein Buch nach dem anderen zu meinen aktuellen Lieblingsthemen raus. Während ich jetzt für ein neues Feenbuch sogar ein Rezensionsexemplar angefordert habe, gibt es jetzt erst mal wieder Geister. Nicht in Form von mundgerechten Gruselgeschichten, und auch nicht als Horrorroman mit zerschlitzten Teenagern wie in Anna Dressed in Blood, sondern mit richtigen Geistern, die sich noch nicht mal gerne fotographieren lassen, geschweige denn gleich eine Liebesaffäre mit dem Protagonisten anfangen müssen. Weswegen ich mich bei diesem Buch ungefähr hundertmal mehr gegruselt habe als bei letztgenanntem.

Ich wüsste gerne, was der Arbeitstitel der Autorin war für das Buch, das heute Past Midnight heißt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie es selbst so genannt haben soll – schließlich spielt die Mitternacht überhaupt keine Rolle darin, die Geister schauen nicht auf die Uhr und treten tags- wie nachtsüber auf, aber natürlich ködert man mit ‘Nach Mitternacht’ mehr Leser als mit ‘Spuk rund um die Uhr’. Weswegen ich vermute, dass es sich um eine Verlagsentscheidung handelt. Das Buch selbst ist ein relativ billig aufgemachtes Taschenbuch ohne großes Werbeetat und in Deutschland noch völlig unbekannt, auch wenn in Amerika schon drei Bände plus zwei kurze E-Books zu dieser Reihe herausgekommen sind. Ich vermutete also einen nicht besonders gut geratenen Schnellschuss, und dachte, bei dem kleinen Preis kann man nicht viel falsch machen, aber ich wurde positiv überrascht.… Weiterlesen “Mara Purnhagen: Past Midnight”

bookmark_borderChris Priestley: Uncle Montague’s Tales of Terror

Ich lese keine Kurzgeschichten, noch nicht einmal kurze Geschichten. Wenn ein Plot nicht langsam und sorgfältig aufgebaut wird, die Figuren keinen Platz für Entwicklung haben, kann ich mich auch nicht dafür begeistern. Zwei Ausnahmen gibt es aber: Das eine sind bissige Satiren von Roald Dahl, Hermann Harry Schmitz oder Jaroslav Hašek, das andere sind Gruselgeschichten. Beides fand ich in meiner Jugend in ausreichender Menge auf unserem Gästeklo – ich glaube, meine Eltern sind die einzigen, die ein Bücherregal mit fünf oder sechs Brettern über der Toilette installiert haben, und da ich dafür berüchtigt war, alles zu lesen, was mir in die Hände fiel, standen die Gruselgeschichten ganz, ganz oben, dass ich auf der Kloschüssel und Zehenspitzen stehen musste, um sie zu erreichen, was mich aber nicht davon abgehalten hat, eine langjähriges Liebe zu allem Gruseligen zu entwickeln.

Ich unterscheide zwischen Grusel und Horror. In Horrorgeschichten verfolgen uns lebende Leichen mit heraushängendem Gedärm, und ich habe nur ein müdes Gähnen für sie übrig. Aber mit guten Gruselgeschichten fresse ich vor Angst meine Fingerkuppen und traue mich nachts nur dann ins Badezimmer, wenn auch wirklich alle Lampen auf dem Weg dorthin brennen – sie gewinnen ihren Schrecken dadurch, dass meistens eigentlich gar nichts passiert, man aber jeden Moment damit rechnen muss. Und deswegen ist das mit Gruselgeschichten für Kinder so eine Sache. Es gibt sie nicht. Kindgerechter Horror ist, wenn die Zombies nebenbei noch lustig sind. Aber vermeintlich kindgerechter Grusel verursacht die gleichen Alpträume, das gleiche Entsetzen wie bei Erwachsenen. Angst ist Angst, und eine Gruselgeschichte, die keine Angst machen will, ist keine Gruselgeschichte.… Weiterlesen “Chris Priestley: Uncle Montague’s Tales of Terror”